PLAKAT-AKTION, 2020
30/36 DIN-A1 Plakate,
Digitaldruck auf Affichenpapier

Daily Slogans – Intervention im öffentlichen Raum – 30 Werbesprüche auf weißem Grund. Die Künstlerin Anke Stiller sammelt Werbesprüche, die ihr im Alltag begegnen, sie notiert sie und druckt sie per Handstempel auf weißes Papier.
Ich bin doch nicht blöd, Vorsprung durch Technik, Nichts ist unmöglich
Werbesprüche begegnen uns tagtäglich. Ob wir unter Lesezwang leiden oder mit einer Leseschwäche leben, ob wir gehörlos sind oder blind – die Werbeindustrie kennt keine sinnlichen Grenzen und findet ihre Wege in unser Bewusstsein. Ob über Kino, Fernsehen, Internet, Radio, viral in den sozialen Medien oder ganz konservativ per Werbeanzeige in der Zeitung, als Leuchtreklame oder Straßenplakat-Marketing: Werbung und Öffentlichkeitsarbeit sind von fundamentaler Bedeutung für Wirtschaft und Gesellschaft. Im Zentrum steht eine doppelte Begierde. Das erste Begehren besteht im Wunsch des Marketings nach der Aufmerksamkeit des Betrachters, das zweite Begehren, als Folge des ersten, besteht im Wunsch des Betrachters nach dem umworbenen Produkt. Wie aber wird das Interesse an Marke und Produkt beim Betrachter geweckt? Die Mittel sind zahl- und facettenreich. Neben dem plumpen „Sex sells“ finden sich komplexe und vielschichtige Werbestrategien und -kampagnen – eine eigene Wissenschaft, eine ganze Welt.
Die Künstlerin Anke Stiller hat sich dem Aspekt des werbenden Wortes angenommen und fühlt den Werbebotschaften auf den Zahn. Seit 2015 sammelt sie Slogans, die ihr im Alltag begegnen. Mittlerweile umfasst ihre Sammlung über 600 Werbesprüche.
Less is more – reduce to the max
Die künstlerische Methode von Anke Stiller mutet einfach an und ist durchaus komplex. Die Entnahme der Slogans aus ihrem Kontext entblößt nicht nur deren eigentlichen Sinngehalt, sondern auch die Leitbilder bzw. das Konnotat, mit denen ein Produkt zu einem bestimmten Grad an begehrenswerter Sinnhaftigkeit aufgeladen wird. Nicht selten entpuppen sich die Slogans ohne Produktbezug und visuelle Inszenierung als leere Phrasen. Oftmals finden sich in den Werbesprüchen aggressive Befehlsformen, ähnlich dem versteckten „obey/gehorche“-Botschaften aus John Carpenters kapitalismuskritischen Kultfilm „They live/Sie leben“ und spiegeln somit den Leistungsdruck, Glückserwartung, Wünsche und Sehnsüchte der kapitalistischen Konsumgesellschaft wider. Selten finden sich auch geistreiche Aphorismen.
Anke Stiller sagt über ihre Sammeltätigkeit: „Dies geschieht aus dem soziologischen Interesse heraus, etwas über den aktuellen Stand der Gesellschaft zu erfahren, der sich in ihren Produkten widerspiegelt. Dabei möchte ich vor allem die gegenwärtig in diesen überwiegend stereotypen Erzeugnissen beinhalteten Leitbilder herauskristallisieren und hinterfragen.“
Robert Sorg, 2020
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